Eine Chance für Azubis mit ADHS
Die Diplom-Psychologen Dr. Johannes Streif und Dr. Wilfried Hehr haben praktische Tipps für den Umgang mit Jugendlichen zusammengestellt, die ADHS haben.
- Bauen Sie eine persönliche Beziehung zu Ihrem Azubi auf: freundlich, ehrlich, humorvoll, doch mit klarem Verweis darauf, wer der Chef ist. Zeigen Sie sich als guter Kollege, nicht aber als nachsichtiger Kumpel.
- Schaffen Sie Strukturen, die strikt eingehalten werden! Mit der Gewöhnung kommt eine Routine, die Sicherheit gibt und offen für neue Aufgaben macht.
- Fordern Sie, dass der Azubi seine Arbeitsmittel immer am gleichen Ort ablegt; nach Abschluss einer Tätigkeit sowie am Ende des Tages wird stets aufgeräumt.
- Legen Sie gemeinsam mit dem Azubi Checklisten für den Arbeitsablauf an. Hat der Lehrling schon etwas Erfahrung, soll er sie vor Beginn eines neuen Auftrags selbst anlegen. Prüfen Sie die Checklisten auf Vollständigkeit und Umsetzbarkeit und kontrollieren Sie die Aufgabenerledigung gemeinsam mit dem Azubi.
- Führen Sie Kontrollschritte ein. Teilen Sie besonders zu Beginn der Ausbildung komplexe Aufträge in überschaubare Aufgaben. Kontrollieren Sie dann gemeinsam, ob die einzelnen Schritte richtig und in sinnvoller Reihenfolg erledigt wurden.
- Wenn die Arbeit richtig erledigt wurde, loben Sie Ihren Azubi! Offenes Lob – auch vor anderen – motiviert alle Mitarbeiter; für Menschen mit ADHS ist es jedoch besonders wichtig, da sie eigene Leistungen oft nur schlecht einschätzen können und nach Jahren des Frusts in der Schule häufig ein negatives Selbstbild haben.
- Loben Sie aber nicht nur den Erfolg, sondern auch die Anstrengung. Menschen mit ADHS haben bereits viele Misserfolge erlebt, obwohl sie sich anstrengten. Loben Sie jedoch nur ein Bemühen, das tatsächlich lobenswert ist.
- Wird eine Aufgabe nicht richtig erledigt, ermitteln Sie gemeinsam mit dem Azubi, woran es liegt. Beharren Sie sachlich darauf, dass Vorgaben und Regeln eingehalten werden müssen.
- Lassen Sie sich auf Ihrem Fachgebiet auf keine Diskussionen ein, führen Sie von Zeit zu Zeit ein grundsätzliches Gespräch mit dem Azubi, das offen für Kritik und Veränderung auf beiden Seiten sein sollte.
- Lassen Sie dem Azubi Freiräume, solange er seine Aufträge gut erledigt. Stellen Sie möglichst wenige, jedoch wichtige Regeln auf, die dann unbedingt und ohne Diskussion eingehalten werden müssen.
- Verlangen Sie, dass der Azubi Terminerinnerungen zum Beispiel im Handy einrichtet und seine Arbeits- und Schulzeit vernünftig plant.
- Droht trotz allem ein Scheitern der Ausbildung, besprechen Sie mit dem Azubi (eventuell auch mit seinen Eltern, wenn alle damit einverstanden sind), welche Möglichkeiten es noch gibt. Ausbilder sollten keine psychologischen und/oder medizinischen Ratschläge geben. Außerdem können und sollten Sie keine Therapie, weder Psychotherapie noch Medikation, von auffälligen Auszubildenden verlangen.
- Sagen Sie dem ADHS-Betroffenen, dass Sie so, wie es derzeit läuft, keine Zukunft für einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung sehen. Legen Sie ihm nahe, zu überprüfen, was er selbst noch machen kann.
Text: Ulrike Lotze, Deutsches Handwerksblatt