Neue Erkenntnisse im Erwachsenen- und Familienbereich
Am Samstag, den 17. 11. 2007 fand in den repräsentativen Räumen der Sparkasse Großburgwedel im Norden von Hannover ein Symposium zum Thema »ADHS bei Erwachsenen und in der Familie, alles anders?« statt. Vor nahezu 100 Personen zog Frau Dr. Neuy-Bartmann, Fachärztin für psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren, im ersten Vortrag ihre Zuhörer dank ihrer mitreißenden Vortragsweise in ihren Bann.
Es grenzte an Wahrsagerei, wie die Referentin den Betroffenen einen Spiegel vorhielt und über die vielen kleinen und großen Schwierigkeiten und deren Erscheinungsformen im Alltagsleben berichtete. So zeigten spontane, zustimmende Publikumsäußerungen, wie wenig verbreitet die Kenntnisse des Erwachsenen-ADHS noch sind.
Sie berichtete von neuen Forschungsergebnissen zum Thema ADHS: Langsam setze sich die Erkenntnis durch, dass ADHS im Erwachsenenalter bei einem Teil der Betroffenen erhalten bleibt und sich nicht »auswächst«, wie bisher angenommen. Das Bild des »Hyperaktiven« oder »Träumers« wandele sich hier zum »betroffenen Erwachsenen«. Psychische Erkrankungen Erwachsener wie Depressionen, Süchte, »Burn-out-Syndrom« oder auch Essstörungen sollten daher immer auch auf ein möglicherweise zugrunde liegendes ADHS untersucht werden. Eine Therapie solcher Störungen sei bei ADHS’lern erst dann effektiv, wenn neben der Störung auch das ADHS behandelt wird. Die gesellschaftliche Auswirkung dieses Themas lasse sich am besten daran zeigen, dass z. B. mehr als ein Drittel der Drogensüchtigen ein unerkanntes ADHS hätten.
Als Problem wurde genannt, dass Fachärzte zur Diagnostik und Behandlung des Erwachsenen-ADHS in Deutschland noch sehr rar seien. Ärzte, die sich auf dieses Gebiet spezialisieren, werden dringend benötigt. Auch könne den Betroffenen nur dann effektiv geholfen werden, wenn es bundesweit Ärzte und Therapeuten gäbe, die ausreichende Kenntnisse über Ursachen, Störungsbild und wirksame Therapien besitzen.
Dr. Johannes Streif, Psychologe, erläuterte anschließend an umfangreichem Zahlenmaterial seiner Studien, wie in betoffenen ADHS-Familien die Störung unterschiedlich wahrgenommen wird. In der Regel müsse für eine wirksame Hilfe die ganze Familie einbezogen werden – sei es unter therapeutischen Gesichtspunkten aufgrund gleichzeitig betroffener Eltern und Kinder oder auch zur therapeutischen Einflussnahme auf das veränderte Kommunikationsverhaltens in den Familien.
Insbesondere regten seine provokanten »neuen« Erziehungsregeln zum Nachdenken an. Als Beispiel sei genannt: »Erst das Vergnügen, dann die Arbeit« – ein Tipp, der darstellt, wie wichtig Motivation und Stimulation für ADHS-Betroffene sind.
Als besonderer Erfolg des Abends meldeten sich aus dem Publikum zwei Zuhörer, die künftig gemeinsam mit der ADHS-Elterninitiative Burgwedel eine Selbsthilfegruppe mit betroffenen Erwachsenen ins Leben rufen möchten.