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Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS), früher "Hyperkinetisches Syndrom"(4)

von Dr. Klaus Skrodzki, Forchheim

Ursachen (Hypothesen) des Krankheitsbildes

  • Erziehung / Umwelt
  • Vererbung (genetisch)
  • Hirnorganische :
    • Störung der Hirnfunktion, der Wahrnehmung, der Sensorischen Integration,
    • Unterstimulation (Under Arousal)
    • minimale Hirnschäden durch Sauerstoffmangel, Alkohol
  • Neuroanatomische: Asymmetrien, Volumendifferenzen von Gehirnbereichen gegenüber „normalen“
  • Neurochemische :
  • Neurotransmitter- Störung an der Nervenendplatte
  • Störung der Durchblutung im zentralen Kernen
  • Störung der Glucoseutilisation
  • Vergiftung durch Schwermetalle ( Blei )
  • Allergische:
  • Salizylate ( B. Feingold )
  • Phosphate / Zucker / Farbstoffe ( H. Hafer )
  • Pseudo- Allergene ( Prof. Egger, München)
  • Ernährung :

In den letzten 50 Jahren wurden am häufigsten Erziehungsfehler, Elternproblematik, Vernachlässigung, Deprivation und frühkindliche Traumata für die Ursache gehalten und die Störungen als soziales und pädagogisches Problem angesehen. Alle neueren Untersuchungen sind sich jedoch einig, dass diese Faktoren nicht die Ursache sind, wohl aber die Ausprägung und das Erscheinungsbild erheblich beeinflussen können. Man stellte fest, dass Kinder mit ADHS auch in heilen Familien vorkommen, nicht nur in gestörten Familien. Oft finden sich in Familien unauffällige Kinder und „Problemkinder“ nebeneinander. Häufig sind die innerfamiliären Probleme sekundär, d. h. ein Grund für die interfamiliäre Streitigkeiten sind unterschiedliche Auffassungen über die Erziehung eines schwierigen Kindes. Der Lehrer, der Psychologe, der Familienberater, der das Kind mit 7 oder 8 Jahren und die Zerwürfnisse in der Familie sieht, zieht den Schluss, dass das Verhalten der Eltern, das Milieu, das Kind so gemacht hat. Die Vorstellung, dass schwieriges Verhalten eines Kindes seit der Geburt auch das Verhalten der Eltern - und der Eltern untereinander - bestimmt und zu der jetzt sichtbaren Familiensituation geführt haben kann, muss sich erst sehr langsam und mühevoll einbürgern. Und viele Eltern leiden schwer unter der Vorstellung, schuld zu sein am problemreichen Verhalten der Kinder.

Die Forschungsergebnisse der letzten 30 Jahre zeigen, dass genetische Faktoren und/oder Störungen in der Zeit der Gehirnentwicklung zu einer Andersartigkeit, zu einer Funktionsstörung des Neurotransmitter-Systems unseres Gehirns führen. Neurotransmitter sind Überträgersubstanzen am Nervenende, dort, wo ein Spalt am Übergang von einem Nerv zum nächsten Nerv besteht. Kommt ein bestimmter elektrischer Reiz über den Nerv an, muss er durch chemische Substanzen, eben die Neurotransmitter, über diesen Spalt hinweg transportiert werden, um den neuen Nerv zu erregen. Diese Substanzen, die bekanntesten sind das Serotonin, das Dopamin, das Noradrenalin, müssen von der anderen Seite wieder über die Synapse zurück gebracht werden. Eine Störung in Zusammensetzung, Mangel oder fehlerhafter Verarbeitung und Rückführung dieser Überträgersubstanzen führt zur gestörten Reizweiterleitung und Reizverarbeitung und damit zur mangelhaften Information und endlich zur Hirnfunktionsstörung. In bestimmten Hirnarealen konnte mit aufwendigen Untersuchungen Imbalanzen, Minderdurchblutung, andersartige Verschaltungen  und anatomische Veränderungen nachgewiesen werden. Damit sind wir vom grundlegenden Wissen um die Ursachen noch weit entfernt, können aber zumindest sagen, dass es nachweisbare organische Veränderungen gibt.

Als äußere zusätzliche Ursache für die Störung wurden auch zahlreiche Nahrungsmittelbestandteile angeschuldigt. Im Amerika der 50er Jahre die Salicylate von Benjamin Feingold, in Deutschland seit den 70er Jahren von Herta Hafer insbesondere die Phosphate und Nahrungszusatzmittel, und von Professor Egger, München sogenannte Pseudoallergene und in modernen Untersuchungen Nahrungszusätze und Farbstoffe. Der wissenschaftliche Nachweis für die Wertigkeit dieser Befunde steht noch aus.

Diagnostische Maßnahmen:


Ausführliche und genaue Anamnese:

  • Familiengeschichte, Beschreibung der Eigenentwicklung des Kindes
  • Fremdbeschreibung von Kindergarten (VBV, FBB HKS für Vorschulkinder u.a.) und Lehrern (FBB HKS, erweiterter Connersbogen für Lehrer u.a.)
  • Eingehende Ganzkörper-, neurologische und motoskopische Untersuchung
  • Psychologische Tests :

z. B.: Haus-, Mann, Baum, Verzauberte Familie in Tieren -

Hawik-IV, Frostig, Benton, , SCSIT, u.a.

Zum Ausschluss anderer Erkrankungen, die ähnliche Erscheinungen zeigen könnten bei Bedarf:

  • EEG
  • Blutuntersuchung (Schilddrüse, Allergien)

Überprüfung: Hören, Sehen

Differentialdiagnosen (hier nur ein Teil der häufigeren):

  • Altersentsprechende hohe Aktivität (3. - 5. Lebensjahr)
  • Chaotische Familienverhältnisse
  • Tourette - Syndrom (Tic - Erkrankung)
  • Ausgeprägte, isolierte Teilleistungsstörung (Lese-, Schreib-, Rechenschwäche)
  • Schulische Überforderung bei Minderbegabung
  • Akute, erhebliche Familienkonflikte (Trennung, Misshandlung, schwere Erkrankung der Eltern)

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