Das Krankheitsbild Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist in der Öffentlichkeit nach wie vor zu wenig bekannt. Selbst in Fachkreisen wird die Komplexität, Tragweite und Behandlungsbedürftigkeit dieser Erkrankung häufig nicht im erforderlichen Umfang wahrgenommen.
Die Kennzeichen der Störung liegen vornehmlich in drei verschiedenen Bereichen,
dem Wahrnehmungsbereich (Aufmerksamkeit) z. B. in Form von
- leichter Ablenkbarkeit,
- Tagträumerei,
- mangelndem Durchhaltevermögen,
- Kritikempfindlichkeit,
- extremer Vergesslichkeit,
dem Sozialisationsbereich durch z. B.
- Impulsivität mit spontanem Handeln ohne vorheriges Nachdenken,
- mangelnde Selbststeuerungsfähigkeit,
- niedrige Frustrationstoleranz,
- Schwierigkeiten planvoll zu handeln und sich selbst zu organisieren,
- Antrieblosigkeit,
dem motorischen Bereich mit z. B.
- Zappeligkeit,
- Ungeschicklichkeit in Grob-/Feinmotorik,
- falscher Kraftdosierung.
In der Regel kommen begleitend hinzu
- eine seelische Entwicklungsverzögerung,
- ein schnelles psychisches und physisches Ermüden,
- ein extrem ausgeprägter Gerechtigkeitssinn anderen gegenüber und
- eine erhebliche Beeinflussbarkeit durch andere.
Die Symptomatik ist bei jedem Betroffenen individuell ausgeprägt. Gehäuft treten weitere Erkrankungen im Zusammenhang mit ADHS (assoziierte Störungen) auf: Im Kindesalter z. B. Lese-Rechtschreibschwäche, Rechenschwäche und Tic-Störungen; im Erwachsenenalter z. B. Ängste, Depressionen, Suchtverhalten.
Nach heutigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand handelt es sich bei ADHS wahrscheinlich um eine Regulationsstörung im Frontalhirn auf genetischer Grundlage. Die Reizweiterleitung wird durch sogenannte Neurotransmitter bewirkt (u. a. Dopamin und Noradrenalin), die der Körper selbst produziert. Die Ausschüttung und Aufnahme dieser Botenstoffe befindet sich bei ADHS-Betroffenen nicht im Gleichgewicht.
Häufig können Medikamente die Grundstörung deutlich verringern. In wenigen Fällen lassen sich die Symptome auch durch eine oligo-antigene Diät reduzieren. Begleitend sollen psychoedukative Maßnahmen und Trainingsprogramme zur Stärkung des Selbstwertgefühles angewendet werden. Alle Behandlungsformen können nur mit ärztlicher Hilfe erfolgen. Aber selbst wenn der Arzt helfen kann, ist der ADHS Betroffene nicht geheilt.
ADHS ist nicht heilbar! Der Betroffene kann aber lernen, unter besseren Bedingungen zu leben und zu arbeiten. Diese Chance sollte so früh wie möglich ergriffen werden, so dass die positiven Seiten und Begabungen, die in jedem ADHS-Betroffenen stecken, gezielt gefördert werden können.
Dennoch, der Weg bleibt mehr oder weniger steinig, denn auch bei günstigem Ansprechen auf Medikamente und psychologische Hilfen geht es nicht ohne Auf und Ab.