Ein Blick auf mein turbulentes Leben und mit welchen Tipps & Tricks ich es „bändigen“ konnte...
Rezension I
Uns wurde vor einigen Monaten dieses Buch zur Information zugesendet. Wie so häufig, waren wir arbeitsmäßig Land unter, so dass es etwas gedauert hat, bis wir uns die Geschichte durchlesen konnten. Doch Wartezimmer und Arzttermine machten es dann endlich möglich, sich in Ruhe dem Buch zu widmen.
Beim Lesen des Buches waren meine ersten Gedanken:
- Das Leben eines AD(H)S-Betroffenen kann mitunter sehr bunt sein. Hin und wieder hat bestimmt schon einmal jemand darüber nachgedacht, dass man ein Buch schreiben könnte – Herr Remmers hat dies (wie so vieles in seinem Leben) nicht nur gedacht, sondern auch getan.
- Eine Person – wie Frau Remmers - an seiner Seite zu haben, auf die man in jeder Situation zählen kann, kann man nur jedem Menschen wünschen.
Im Großen und Ganzen lässt sich das Buch einfach lesen. Geschmäcker sind verschieden und so werden unterschiedliche Geschichten unterschiedliche Menschen ansprechen. Teilweise bemerkte ich, dass ich während einer Geschichte das Wartezimmer um mich herum „vergaß“, dann waren wieder Passagen dabei, die mich weniger ansprachen.
Am Ende war meine Überlegung: Für welche Zielgruppe ist dieses Buch?
ADHS-Betroffene haben ihre eigenen „Geschichten“, ich weiß nicht, ob diese dann auch noch über andere lesen möchten? Aber vielleicht hilft es zu sehen, dass andere Menschen auch spezielle Verhaltensmuster haben?
Sollten es Angehörige oder Betroffene lesen, die noch keine Diagnose haben, damit sie sich um den nächsten Schritt kümmern und nicht erst leidvolle Umwege gehen?
Möglicherweise motiviert es auch andere, ebenfalls ihr Leben aufzuschreiben, damit sie die Vergangenheit sortieren können und für die Zukunft profitieren.
Wie auch immer: Wir wünschen Herrn Remmers und seiner Frau alles Gute auf ihrem weiteren Weg sowie für die Aufgaben, die sie sich für die Zukunft gestellt haben.
Vera-Ines Schüpferling
Rezension II
Vor einiger Zeit wurde mir dieses Buch vorgestellt. Nun gibt es ja viele Bücher zu ADHS. Angefangen von Erfahrungsberichten, bis hin zu hoch wissenschaftlichen Fachbüchern. Jede Version hat ihre Reize und in bestimmten Lebenslagen ihre Berechtigung. Was mich letztendlich ansprach und meine Neugier weckte, war der Titel. Hurra, ich habe ADHS. Was wird mich erwarten? Eine Headline, die nur so dahin gesagt wurde; eine Persiflage auf eine Gruppe Menschen, die ohnehin oft verkannt werden oder vielleicht tatsächlich jemand, der ein wenig meinem Gedankengang nachkommt und tatsächlich in einer (vielleicht auch erst spät erkannten) besonderen Weise, sein Leben zu meistern versteht.
Ich arbeite tagtäglich mit „besonderen“ Menschen und begreife oft nicht, dass in der Vielfalt ihrer Einzigartigkeit immer nur das Negative Beachtung findet. Längst ist gewiss, dass gerade im Jugendalter ADHS oft auf die zweite Position fällt und psychologische Probleme rasch an erster Stelle stehen. Solange man auf Bildern wirre Köpfe auch in der Fachwelt darstellt, wird der Blick nicht auf Ideenreichtum, Mut zu Spontanität und oft auch nicht auf Talent fallen. Unvorstellbare Wege zu gehen, erfordert besonderes Vermögen und bemerkenswerte Gaben. Aber all das soll nicht darüber hinwegtäuschen, wie schwierig die Selbstfindung hier sein kann.
Dabei soll nicht die Komplexität und Kompliziertheit des Themas geleugnet werden aber vielleicht dem Wunsch Rechnung getragen werden, nicht nur die Norm der Gesellschaft als Maßstab zu wählen.
Das Buch zeigt deutlich das Zusammenspiel von Hilflosigkeit und Selbstwirksamkeit. Beides ist sehr individuell und wird hier anhand eines Lebenslaufes beschrieben. Der Autor schreibt in einer umgangssprachlichen, verständlichen Weise. Die Deutlichkeit seiner Worte befremden, betonen, erklären die Realität auf ungetrübte Weise. Situationen werden in ihrer Härte, aber auch in ihrer Sensibilität geschildert. Bedingt hier das Vorliegen von ADHS die mutige Weise der Selbstdarstellung oder die Direktheit, Unbekümmertheit eines ADHS Betroffenen die Beleuchtung des eigenen Ichs? Der Philosoph Gottlob Frege schrieb über Sprache, dass ästhetische Freude und Streben nach Wahrheit in direkter Opposition stehen. Schwarze Symbole auf weißem Blatt. Daran musste ich denken, den Text in derart unverblümter Weise zu lesen. Dies ist sicher der langen Beschäftigung des Autors mit diesem Thema geschuldet aber sicherlich auch der Tatsache, dass man sich in einem Alter und einer gefühlten Sicherheit befindet, die einem deutliche Aussagen erlauben. So werden hier individuell Persönlichkeiten in gleicher Klarheit beschrieben, wie eigene Lebensabschnitte, Erfahrungen bis hin zu Suizidversuchen und recht persönlichen Offenbarungen. Hilfreich in der Wiedergabe von Erkenntnissen, dem Übermitteln in einer Weise von Lebendigkeit, und den Hinweisen auf fortschreitende Problematik.
Es fehlt ein wenig der Abstand zur Generalisierung. Das Buch beschreibt ein individuelles Leben, basierend auf eigener Erfahrung; gibt Anregung zu Hilfen und Vorgehensweisen und eigener Belehrbarkeit. Es steht nicht dafür, als allgemeine Gültigkeit definiert zu werden. Das Buch beinhaltet Anregungen zu Strategien, zum Herstellen von Strukturen, zur Betrachtung von Handlungsweisen. Der Autor stellt selbst die Frage, wie das Leben ohne ADHS verlaufen wäre. Nach seinen Worten soll die Lektüre Mut machen Sichtweisen zu ändern und Unterstützung und Zuwendung anzunehmen. Letzteres fällt schwer, da man sich als Betroffener oft in einer Rolle befindet und zeigt, um eigene Hilflosigkeit zu überspielen. Letztendlich auch, um der Beurteilung des eigenen Umfeldes zu entfliehen. Das eigene Wissen über vorhandene Impulsivität und Reizbarkeit steht der eigenen Sensibilität gegenüber, nach außen gezeigtes Handeln zu reflektieren und für sich zu akzeptieren. Der Autor versucht ADHS zu erklären, seinen Körper verstehen zu können und das Leben zu meistern. Entwicklungsschritte werden sichtbar gemacht und trotz aller Widrigkeiten lernt man das Leben zu lieben und als wertvoll zu sehen. Beschreibungen zu Klinikaufenthalten erweitern das Erleben des Lesers und auch die besondere Faszination von und mit Tieren wird in anschaulicher und bedeutungsvoller Weise beschrieben und dem Leser nahe gebracht.
Kurze Einblicke in Medikamente und ADHS Diagnostik begründen sich in besonderer Perspektive und können die individuelle, fachliche Beratung für Betroffene nicht ersetzen.
Zu einem Preis von 14,99 ist das Buch durchaus erschwinglich und lesenswert. In Format und Schriftbild auch für zwischendurch und unterwegs geeignet.
Dipl. Des. Astrid Bojko-Mühr
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