Wie Lehrer ihre Schüler unterstützen können
Dieser Ratgeber für Lehrkräfte gehört zu einer Reihe von Schriften, die das ADHS-Zentrum München GmbH seit 2010 im Zusammenhang mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom herausgegeben hat.
Thema des vorliegenden Buches sind im einleitenden ersten Teil die biologischen Grundlagen des Lernens. Die Funktionsweise des Gehirns beim Lernprozess sowie der Einfluss von Wahrnehmung, Intelligenz und Aufmerksamkeit auf den individuellen Lernerfolg werden von dem Mediziner Dr. med. Adam Alfred ausführlich erklärt. Aus psychologischer Sicht werden anschließend die klassischen Lerntheorien dargestellt. An diese theoretischen Grundlagen anknüpfend beschreibt die Psychologin Stefanie Eiden die Symptomatik der AD/HS und die Konsequenzen, die sich daraus für den erfolgreichen Unterricht von betroffenen Kindern und Jugendlichen ergeben. Dies wird mit zwei kurzen Fallbeispielen (AD/HS und ADS) aus dem Schulalltag veranschaulicht. Hinweise für das Lernen zuhause sowie für den Umgang mit dem Computer runden das erste Kapitel ab.
Das zweite Kapitel des Buches widmet sich der Schulpraxis in der Primarstufe. Zwei erfahrene Lehrerinnen legen die Quintessenz ihrer langjährigen Arbeit mit AD/HS-Kindern dar. Die Sonderpädagogin Edith Wölfl und die Grundschullehrerin Doris Nathrath stellen kompakt und übersichtlich Methoden und Maßnahmen dar, die sich bei der Unterrichtung von Klassen mit betroffenen Kindern bewährt haben. Sie widmen sich auch dem Wohlergehen der Lehrpersonen. Checklisten mit hilfreichen Strategien sollen helfen, gesund und erfolgreich den Berufsalltag zu meistern. Die Autorinnen thematisieren schwierige Situationen in den einzelnen Fächern und geben dafür erprobte, teils verblüffend einfache Lösungsvorschläge. Zuletzt erhalten die Leser für die Praxis äußerst hilfreiche Hinweise und Vorlagen für die Erstellung eines individuellen Förderplans und die gezielte Beobachtung von Schülern und Schülerinnen.
Alexander Geist ist seit vielen Jahren als Schulpsychologe und Lehrkraft am Gymnasium tätig und widmete sich als einer der Ersten seiner Schulart ganz speziell den Schülern und Schülerinnen mit AD/HS. Entsprechend fundiert sind seine Erfahrungen in diesem Bereich. An den Beginn seiner Ausführungen stellt er Übungen, die im Selbstversuch helfen können, sich in die Lage von Menschen mit AD/HS hinein zu versetzen und auf diese Weise deren Leid besser zu verstehen. Es folgen praxiserprobte Maßnahmen zur Gestaltung des Schulalltags in der Sekundarstufe aller Schularten und Hinweise zur besonderen Situation am Gymnasium (Übertritt, Wahl der zweiten Fremdsprache …). Zuletzt berichtet der Autor von seiner Arbeit als Schulpsychologe am Anne-Frank-Gymnasium in Erding und stellt exemplarisch dar, wie die Diagnostik, Förderung und Beratung im Zusammenhang mit AD/HS von Seiten der Beratungsfachkräfte aussehen kann.
Die Stärke dieses Buches liegt in der Professionalität seines fünfköpfigen (!) Autorenteams. Die unterschiedlichen Perspektiven auf das Phänomen AD/HS werden von den Experten des jeweiligen Fachgebietes vertreten: Medizin, Psychologie, Sonder- und Grundschulpädagogik sowie Lehramt an Gymnasium in Verbindung mit Schulpsychologie. Die wissenschaftlichen Ausführungen sind fundiert und trotzdem verständlich formuliert. Alle Autoren aus der Schulpraxis verfügen über eine langjährige Erfahrung im Umgang mit betroffenen Schülern und Schülerinnen. Das Buch ist eine hilfreiche Quelle für Lehrkräfte aller Schularten, um sich allgemein über die Hintergründe der AD/HS zu informieren, die Krankheit besser zu verstehen und schließlich eigene Handlungsmöglichkeiten in Unterricht und Beratung zu optimieren. Es bietet praktikable, nützliche und oft ganz einfache Anregungen für den Unterricht von der 1. bis zur 13. Klasse. Daher lohnt sich die Lektüre für jede Lehrkraft, die ein betroffenes Kind oder einen Jugendlichen vor sich sitzen hat.
Claudia Bühler-Rösch
Sonderpädagogin und Beratungslehrkraft