Warum ADS und ADHS nicht das Ende der Welt sind
Mina Teichert schreibt hier als Betroffene über ihr Leben mit ADS.
Sie erzählt sehr offen über ihre Defizite und über die daraus entstehenden Probleme. Am meisten machen ihr Reizfilter, Ungeschicklichkeit, Konzentration und Impulsivität zu schaffen. Sie hat auch den Mut, über Peinlichkeiten zu berichten.
Nach den ersten Seiten waren mir diese Schilderungen zu heftig und ich habe gedacht, dass es bei mir doch nicht „so schlimm“ ist. Dann habe ich mir klar gemacht, dass es ihr ADS ist, ihre persönliche Geschichte und fand die Lektüre spannend.
Sie erzählt chronologisch – von der Kindheit an bis heute als Enddreißigern, die als Mutter, Ehefrau und Schriftstellerin ihren Weg gefunden hat.
Eine der Stärken des Buches ist der – teilweise - witzige, unterhaltsame Ton, in dem die Autorin über die Katastrophen ihres Lebens berichtet. Man muss schon lachen, wenn sie erzählt, was ihr bei einem Einkauf im Supermarkt widerfährt oder wie sie sich an ihrem Ex rächt, indem sie eine Annonce in seinem Namen aufgibt und eine männliche Begleitung sucht. Oder wie sie eine teure Mütze zerschneidet, damit diese als Ersatzwindel für ihre Tochter dienen kann.
Die Autorin kann über sich selber lachen. Das macht sie sympathisch. Originell, kreativ und unterhaltsam ist sie, auch wenn der Leser weiß, dass es ihr oft schlecht geht.
Sie schreibt über Drogenexzesse, Borderlinediagnose, Falschaussage für einen Freund,
immer wieder Jobverlust und Geldmangel. Und über das schlechte Gefühl, ihrer Familie nur Sorgen zu machen. Mit Anfang zwanzig fällt sie in eine heftige Depression, die sie
an Selbstmord denken lässt.
Mit Hilfe einer guten Therapeutin und einigen Jahren Therapie, findet sie passende Strategien und wichtige Erkenntnisse. Sie hört auf, anderen Menschen gefallen zu wollen, lebt lieber unkonventionell und findet es vollkommen richtig, anders zu sein und andere Bedürfnisse zu haben.
Und warum soll nur der frühe Vogel, den Wurm fangen? Würmer gibt es den ganzen Tag lang – und Chancen ebenso.
Sie versteht es, die verqueren Gedankengänge in einem ADS-Hirn genau wiederzugeben. Genauso wie die daraus folgenden Handlungsweisen. Das ist ein wichtiger Punkt in dem Buch, da auch viele Betroffene nicht immer nachvollziehen können, was bei ihnen passiert.
Das Buch richtet sich an Laien und Betroffene. Da Mina Teichert selbst viele Facetten des Lebens mit ADS erlebt hat, ist es aufschlussreich. Es kann helfen, mehr Verständnis gegenüber anderen AD(H)Slern zu entwickeln.
Monika Volkmann