Wer hat nicht das Bild vom hyperakiven wilden Kind vor Augen, wenn von ADHS die Rede ist?Wer ahnt schon, dass eine verschlossene, scheue, brillante Wissenschaftlerin oder Künstlerin, ihr Genie mit vielen sozialen Defiziten bezahlt?
Wer hat je vom Masking oder Coping gehört, das es uns oft möglich macht, mit hohem Kraftaufwand "unerkannt" zu bleiben?
Wer weiß davon, dass ein Overload bei fehlender Möglichkeit zum Rückzug oder zum Stimming, in den Meltdown oder Shutdown führt?
Wem ist bekannt, dass Depression, Ängste, Süchte etc. erst dann Folge der Veranlagung werden, wenn ein unpassendes Umfeld sie hervor ruft?
Viele nicht Betroffene haben kluge Ratschläge, die in Unkenntnis der Ausprägung und Hintergründe mehr Leid als Hilfe bringen. Andere kleine Träumer dämmern am Rand der Gesellschaft vor sich hin, werden von allen wegen ihrer Stille und Hilfsbereitschaft geschätzt, doch keiner nimmt die innerliche Qual derer wahr, die lediglich die ruhigen Ausprägung oder gute Tarnung derselben genetischen Veranlagung ist.
Doch „verschwindet“ die vermeintliche Erkrankung plötzlich, wenn man den Führerschein bekommt?
Viele Betroffene nutzen die Chance, ab dem 18 Lebensjahr ihr Umfeld selbst und für sich passend zu gestalten. Doch ist bei anderen vielmehr eine legale Automedikation mit Nikotin, Alkohol und Koffein der Grund dafür, dass sich Betroffene dem Umfeld besser anpassen können?
In der Erwachsengruppe finden Betroffene einen geschützten Rahmen, die entweder als Kinder schon diagnostiziert und behandelt wurden oder erst im späten Erwachsenenalter die Erklärung für die vielen Merkwürdigkeiten des bisherigen Lebens fanden. Neurodivergenz bezeichnet hier eine Abweichung von der Veranlagung der Mehrheit einer neurodiversen Gesellschaft, die häufig auch einen anderen Namen als "ADHS", aber auffällig ähnliche Merkmale und Folgen hat.
Oft werden Betroffene oder Angehörige erst durch Folgen, wie Ängste, Depressionen, Süchte, somatische Erkrankungen usw. aufmerksam, so dass diese Auslöser zur Diagnostik der genetisch bedingten neuropsychologischen Veranlagung sind.
Vom Schulabbrecher, der Studentin bis zur ergrauten Professorin, dem Invalidenrentner, der Landwirtin, dem Lehrer, der Ärztin, dem Therapeuten, der Handwerkerin usw. erstreckt sich die Bandbreite der Betroffenen, die sich alle drei Wochen im IKOS treffen. Der Austausch zu unterschiedlichsten Themen und die Akzeptanz der Eigenheiten der Betroffenen prägen den Dialog.
Die Beschreibung der Probleme von denen nicht Betroffene nichts wissen und selten Verständnis dafür haben, haben meist ein „Das kenn ich auch!“ aus dem Mund der Zuhörer zur Folge. Erfahrungen und bisher beschrittene Lösungswege der werden im Kreis der Betroffenen preisgegeben und interessiert hinterfragt.
Die Jenaer Selbsthilfegruppe für Erwachsene mit ADHS (adultes ADHS) wurde im Jahr 2023 mit 4000,-€ durch die GKV-Gemeinschaftsförderung im Freistaat Thüringen bzw. den Arbeitskreis der GKV und mit 222,-€ aus Selbsthilfetopf der Stadt Jena, gefördert.
Die Gruppentreffen finden alle drei Wochen in den Räumen der IKOS, AWO Zentrum Lobeda, Kastanienstraße 11, 1. Etage, 07747 Jena, statt. Virtuelle Treffen (Videokonferenz) ersetzen oder ergänzen ggf. lokale Treffen.
Die Teilnahmebedingungen für virtuelle Treffen können unter rg.jena@adhs-deutschland.de erfragt werden.
ACHTUNG!! Bitte keine "spontane" Teilnahme! Ggf. würden man sonst bei Ausfällen oder Verlegung in andere Räume vor verschlossener Tür stehen!
Wir betrachten uns als "Neurodivergent", also als anders aber nicht "kaputt"!
Wir sprechen über das gesamte Spektrum der Folgen erwachsener Betroffener, auch im Grenzbereich zu ähnlichen Ausprägungen von Neurodivergenz und diverser Komorbiditäten wie Depression, Sucht, LRS, Delinquenz, Suizid usw.
Eines unsere Themen sind Foren und Websites im WWW, die ggf. zur Recherche genutzt werden können.
Achtung, Foren sind zum großen Teil anonym.
Der Wahrheitsgehalt der Inhalte kann nur mit sehr viel Sorgfalt verifiziert werden, da es neben "Fachleuten in eigener Sache" auch "Trolle" gibt, die gezielt Falschmeldungen schreiben, obskuren Fantasien hinterher hängen oder sich nicht an die Regeln einer zivilisierten Kommunikation halten.
Erwachse ADHS-ler sind "irgendwann" mal Kinder gewesen und nicht selten auch Eltern. Eltern deren Kinder auffällig häufig ebenfalls die "Gabe" ihrer Eltern geerbt haben und nicht selten in ihrem Leben und ihrer Entwicklung dadurch und leider viel zu oft durch ihr Umfeld BEHINDERT sind und werden.
Ein weiteres Thema der Gruppentreffen sind anerkannte Behinderungsgrade je nach Ausprägung des ADHS und den Komorbiden Störungen.
Die Gruppe umfasst ein sehr breites Spektrum von Personen, die i.d.R. nicht durch die Neurodivergenz selbst, sondern an den Folgen eines unpassenden Umfeldes erkrankt sind.
Von jungen Erwachsenen, Studenten, Azubis bis zu spät diagnostizierter Eltern und Großeltern in Frühverrentung, Wissenschaft oder Führungspositionen.
Es können Fragen zur Erfahrungen mit diversen Therapien aber auch zu kleinen Alltagshilfen gestellt und diskutiert werden.
ADHS im Berufsleben
Mit der Quote von 3-5% der Bevölkerung, hat das Thema eine enorme volkswirtschaftliche Relevanz, die nicht nur die Folgen des Leids einzelner Betroffener und ihrer Angehörigen betrifft, sondern ein großer Faktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist.
In Folge nicht angemessener Arbeitsbedingungen belasten krankgeschriebene Betroffene das Gesundheitssystem.
Zudem schaden, wegen nicht passender Arbeitsatmosphäre in Arbeitslosigkeit, Erwerbsminderung oder sogar Frühverrentung "gestrandete" Betroffene dem Sozialsystem der Volkswirtschaft, obwohl sie im richtigen Umfeld in der Regel immens leistungsfähig sind.
"Deutschland, das Land der Dichter, Denker und Entdecker.", ein Satz der zu 100% auf die Eigenschaften von ADHS-lern, Autisten, Bipolaren usw. passt, nutzt gerade hier nicht alle seine Potentiale, im Weltmarkt seine Position zu festigen und auszubauen.
Die Selbsthilfegruppe Jena setzt sich, bedingt durch den Wissenschafts- und Hightech-Standort Jena,
überproportional aus Personen zusammen, die erst in Abitur, Studium, Promotion oder hohen Positionen in der Wirtschaft ihre Grenzen durch ihre ADHS-Diagnose gesetzt bekamen.
Bildungsgrade und Positionen, die ihnen zuvor jedoch erst durch die "Gabe ADHS" und gute Umfeldbedingungen möglich waren:
also Chemiker, Biologen, Psychologen, Musiker, Pädagogen, Manager usw. bringen ein hohes Maß an Fachwissen und analytischen Denkstrukturen aber auch immensen kreativen Freigeist in die Gruppenarbeit ein.
Bei Symposium "Studieren mit Neurodivergenz" am 20.11.2023 (Rosensäle der FSU-Jena) waren mehrere Akteure der Jena, an Organisation und Durchführung beteiligt bzw. stellten einen Teil der Referenten.
Für Gymnasiasten und angehende Studierende kann es sinnvoll sein, die regionalen Berufsberatungscentern aufzusuchen oder schon 1 -2 Jahre vor dem Abitur die Berufsberater der Schulen auf evtl. nötigen individuellen Förderbedarf aufmerksam zu machen, um von speziell geschulten MA der Berufsberatung unterstützt zu werden. Vorhandene Befunde und Diagnosen erleichtern und beschleunigen diesen Prozess erheblich.
Schüler, die von ihren Angehörigen bisher "von einer Diagnostik abgehalten" wurden, können hier in den Nachteil geraten, da es ihnen deutlich schwerer ist, einen "Hilfebedarf" zu belegen.
Die jeweils regionalen Arbeitsämter (Agentur für Arbeit, nicht Jobcenter) haben sogenannte "Reha-Teams", deren Aufgabe es ist Personen zu unterstützen, in den "ersten Arbeitsmarkt" zu gelangen.
Sie können ermitteln, wie in Ausbildung oder Studium eine Unterstützung zur Kompensation diagnostizierter Defizite, erfolgen kann.
Als dringlicher Tipp wurde genannt:
So man schon in der Schule Nachteilsausgleiche hatte oder schon vor Studienbeginn eine einschlägige Diagnose hatte,
sich spätestens im ersten Semester bei den Stellen für Benachteiligte/Diversität zu melden.so man im Studium auf Hemmnisse trifft, die das Studium gefährden, ebenfalls so früh wie möglich den Kontakt zu suchen.
Die Nachteilsausgleiche können/werden sehr konkret ausgearbeitet.
Dh. man sollte schon zu Studienbeginn recherchieren, wann welche Prüfungen anstehen und wie die strukturiert sind.
Werden Nachteilsausgleiche zeitig genug beantragt, gibt es extrem viele Möglichkeiten, sofern sie nicht in den Fachlichen Inhalt greifen.
Bsp:
- „Multiple Choice“ können im mundl. Dialog gestellt/beantwortet werden
- mündl. Prüfungen können ggf. in Schriftliche gewandelt werden oder umgekehrt
- Es können separate Räume mit separater Aufsicht genutzt werden oder ein Begleittier ist zugelassen.
- Man kann nur maschinell statt handschriftlich schreiben
- man kann Pausen einplanen oder Zeit verlängern....
Die Verantwortlichen haben meist viel Erfahrung, können aber nur helfen, wenn de Betroffen sich frühzeitig und dann so konkret wie möglich äußern.
Es macht also viel Sinn, sich bis hin zur Strukturierung des Fragebogens oder einen Prüfungs-web-site so genau wie möglich zu informieren und diese mit den Helfern durchzusprechen,
Ein extremes Beispiel ist u.a. auch der Dialog per E-Mail (statt Gesprächen), sofern man (z.B. bei ASS oder ADHS) mit der Stimme, der Sprechgeschwindigkeit oder dem Habitus der Helfenden/Verantwortlichen nicht zurecht kommt.
Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es vorteilhaft ist, alle Unterlagen zu Nachteilsausgleichen in Schule, Abitur oder vorangehender Berufsausbildung mit zu bringen, jedoch werden sie oft nicht identisch umgesetzt, da der Universitätsbetrieb anderes Geregelt ist
Wer das "bürokratische Vehikel", das ein Befund oder eine Diagnose darstellen, als Stigma empfindet, ist gefährdet, keine Unterstützung von offiziellen Stellen zu bekommen. In der Deutschen Bürokratie müssen die Kosten für Hilfen mittels Diagnose gerechtfertigt werden.
Andere Vereine und Verbände zur Selbstvertretung/Teilhabe neurodivergenter Personen:
- Aspies e.V. (https://aspies.de/)
- BZND e.V. (Startseite - BZND Zentrum für Neurodiversität e.V.)
- ADAPT | Arbeitsgruppe zur Förderung von Personen mit ADHS (Verein Österreich)
Andere Aktivitäten zur Teilhabe/Partizipation neurodivergenter Personen in der Forschung:
- DZPG
Wenn sich Patientinnen und ihre Angehörigen aktiv am Forschungsprozess beteiligen, profitieren davon alle Akteure.
Im DZPG gibt es hierfür unterschiedliche Gremien. (Beteiligungsmöglichkeiten) - C-I-R-C Jena-Halle-Magdeburg
(C-I-R-C – Center for Intervention and Research on adaptive and maladaptive brain Circuits underlying mental health)
Wir bitten, nicht spontan zum ersten Gruppentreffen zu erscheinen!
…sondern einen Termin abzustimmen, da geplante Abläufe gestört werden könnten oder die Gruppe intern einen anderen Veranstaltungsort/eine andere Zeit verabredet haben könnte.
Evtl. Ausfälle wegen Krankheit der Leitenden werden nur intern kommuniziert!
Datenschutz:
Über Themen und Personen in der Gruppe ist Stillschweigen zu wahren !!!
Die Persönlichkeitsrechte der Hilfesuchenden Betroffenen stehen für uns über dem Recht auf Information der Öffentlichkeit oder Dritter.
Die Grundlagen eines "zivilisierten" Dialoges und der o.g. Vertraulichkeit werden ggf. durch das Hausrecht der jeweils anwesenden Gruppenleitung durchgesetzt.
In der Gruppe findet keine Beratung zu Medikation oder anderen Therapieformen oder eine Terminvermittlung zu Medizinern statt.
Es können lediglich eigene Erfahrungen ausgetauscht werden.
Nach erstmaliger Teilnahme ist ein individueller Dialog der Gruppenmitglieder untereinander möglich.